3 Wochen mit Windows Vista


Thomas Wölfer
Thomas Wölfer

12. Januar 2007


Vorab sollte man wissen: Vista ist umfangreich. Sehr sogar. So umfangreich, das mit Sicherheit jeder etwas finden wird, das ihm oder ihr nicht gefällt. Und genau das gleiche Feature wird jemand anders lieben. Dann gibt es ganz sicher auch Funktionen, die in Windows neu sind, die es aber woanders schon gegeben hat: Das ist aber kein Grund sie schlecht zu machen – ich halte es auch durchaus für sinnvoll, das VW Bremsen in ihre Autos baut, obwohl andere Autohersteller die vorher hatten. Es ist also nicht notwendig mich darauf hinzuweisen, das Apple/Linux/BSD oder sonst wer auch schon so was haben oder hatten…

Eigentlich wollte ich Vista nur zum testen auf einen Rechner packen – halt um sicher zu stellen, das unsere alte Software damit läuft, das unsere neue Software damit läuft, und ganz allgemein um sich ein bisschen auszukennen, sobald die ersten Fragen von Kunden mit Vista kommen – und die kommen ja nun mal ganz sicher spätestens im Februar.

Ich hatte das Ding also installiert und kaum ein paar Stunden damit rumgespielt, da wurde mir eins klar: Ich wollte nicht zurück zu XP. Auf keinen Fall. Sowohl mein Laptop als auch mein Desktop wurden in kürzester Zeit mit Vista bestückt (einmal x86, einmal x64, in beiden Fällen die Ultimate Edition.). Und so kam es, dass ich nun seit 3 Wochen täglich damit arbeite. Und eigentlich noch immer neue Dinge finde, die mir gut gefallen. Einige davon will ich gleich aufführen.

Am Anfang war die Sache ein bisschen komisch, denn vieles ist bei Vista anders als bei XP. Das ist kein Wunder, schließlich ist Vista ja auch der Nachfolger – da darf man sich nicht wundern, wenn es auch Änderungen gibt. Man muss sich umgewöhnen: Es hilft, wenn man den „Dokumenten“ Ordner verwendet (den gabs schon bei XP, aber tatsächlich benutzt habe ich das erst seit irgendwann im letzten Jahr.). Das Start-Menü ist eigentlich ein Kommando-Interface: Statt Programme zu suchen und drauf zu klicken (was geht), gibt man besser einfach den Namen oder einen Teil des Namens in das Suchfeld ein und drückt dann return. Geht schneller, und klappt wunderbar. Wer aber „Neues“ nicht mag und sich nicht umstellen will, der sollte vielleicht auch besser die Hände von Vista lassen – denn wirklich Spaß macht die Sache nur dann, wenn man damit so arbeitet, wie es gedacht ist.

Wie auch immer: Hier eine Liste der Dinge, die mir bisher positiv aufgefallen sind. Die Liste ist ganz sicher nicht komplett, vermittelt aber sicher einen ganz guten Eindruck. Manche Dinge kommen überhaupt nicht vor – zum Beispiel der Media-Center Teil: Den habe ich einfach bisher noch nicht benutzt (aber die TV-Karte ist schon bestellt: Das wird sich also ändern.). Fast vergessen: Nicht alles was ich hier aufzähle ist in allen Versionen von Vista drin…

Integrierte Suche
„Suchen“ ist überall in Vista. Im Start-Menü. Im Explorer – einfach überall. Das ganze funktioniert ähnlich wie die MSN Suche – nur ist es eben fest ins System integriert. Man findet damit Programme, Dateien, eMails, Kontakte – eigentlich alles, was man irgendwie indizieren kann. Das gilt auch fürs Startmenü: Wenn man zum Beispiel notepad starten will, dann tippt man „not“. Das erste Resultat erscheint bereits wenn der Buchstabe „t“ getippt wurde – und es handelt sich dabei um „notepad“. Dann einmal „return“ gedrückt, und das Programm startet. Praktische Sache.

„Full PC Backup“
Es gibt zwei Backup-Arten: Die eine sammelt einfach alle „Daten“ Dateien auf der Festplatte (oder den Festplatten) ein und archiviert die. Die andere „Full PC Backup“ erzeugt eine virtuelle Festplatte des Rechners. Bei Bedarf auch mehrere. Das ganze wird in einer VHD-Datei gespeichert und kann wohl auch im Virtual PC oder Virtual Server verwendet werden. Oder eben, um den Rechner zu restaurieren. Inklusive aller installierter Programme, Dateien und Einstellungen. Eben mit allem. Weil meine Platten letzte Woche draufgegangen sind, hatte ich auch schon das Vergnügen das ganze auszuprobieren. Ich habe eine etwas „merkwürdige“ Konfiguration mit den Boot-Dateien auf einer und dem System auf einer anderen Platten: Ging problemlos und obendrein recht schnell. Prima Sache: Man kann also nun eine physische Maschine in eine virtuelle überführen – und zurück.

Das neue EventLog
Viel ausführlicher als früher. Viel mächtiger als früher. Mit Filter-Funktionen und einem einfachen Weg, Aktionen mit bestimmten Ereignissen zu verknüpfen. Mit einer zusätzlichen Anwendung, die die Verlässlichkeit des Systems dokumentiert. Bin mir sicher, das ich damit noch viel mehr mit rumspielen werde.

UAC – User Account Control
Das eine Feature, über das ich bisher am häufigsten etwas negatives gelesen habe. Ich finds klasse. Von Haus aus arbeitet man nie als Administrator (und selbst als Administrator hat man meist nur eingeschränkte Rechte.). Nur wenn man versucht eine Tätigkeit auszuführen, für die man höhere Rechte braucht – zum Beispiel beim installieren von Software – fragt das System nach, um diese Rechte zu erhalten. Das ist ein bisschen unhandlich, wenn man eine ganze Reihe solcher Vorgänge durchführen muss – aber realistisch gesehen ist das doch nach der Installation des Systems praktisch nie der Fall. Wenn der Fall aber einmal eintritt, dann ist UAC viel besser als das frühere Verhalten: Man braucht sich nicht ab- und als Admin anzumelden, man braucht auch kein RunAs – man muss nicht einmal wissen, das eine Tätigkeit administrative Rechte braucht: Wenn die benötigt werden, dann fragt das System schon von ganz allein danach. Finde ich sehr gelungen.

Switch User
Gabs schon in XP, aber nicht, wenn das XP System an einer Domäne hing. Geht bei Vista aber auch mit Rechnern die Domänen-Mitglied sind. Man braucht auch seine Prozesse nicht zu beenden, sondern meldet sich zusätzlich einfach als ein anderer User an. Der Desktop des ersten Users läuft dabei ganz normal weiter. Sehr praktisch, vor allem dann, wenn man doch einmal mehr administratives erledigen will.

Der Sidebar
Das ist ein Fenster, das man am Rand andocken kann, und in dem man Mini-Programme laufen lassen kann. Zum Beispiel eine Uhr, ein Prompt mit dem man Remote-Desktop Verbindungen aufbauen kann, eine Wettervorhersage und dergleichen. Habe das Ding ursprünglich eher für eine Art Spielzeug gehalten – jetzt will ich es eigentlich nicht mehr missen.

Vorkonfigurierte Tasks
Eine Task-Scheduler gab es schon in NT 3.1, und vermutlich auch schon vorher in Windows 3.1 – kann mich nicht mehr erinnern. Aber von Windows selbst wurde das Ding nie benutzt. Bei Vista ist das anders: Zum einen gibt’s eine prima Benutzerschnittstelle um Tasks zu starten, zum anderen sind einige davon vorkonfiguriert. So gibt’s beispielsweise einen vorkonfigurierten Task zum regelmäßigen defragmentieren der Festplatte. Praktisch, und schön, das da mal jemand dran gedacht hat.

Die Optik
Das Ding ist einfach hübsch. Und zwar egal ob mit oder ohne „Aero Glass“. Letzteres bekommt man nur mit etwas besseren Graphikkarten, d.h. dann, wenn man keine 5 Jahre alte Karte hat, die damals schon nicht zu den besseren gehörte. In meinem Desktop steckt eine Karte die gigantische 60 Euro gekostet hat – und mit der geht Aero völlig problemlos. Ich mag die skalierenden Icons, die Schatten und die vielen anderen Elemente. Das wird sich im Laufe der Zeit natürlich abnutzen – andererseits gehe ich davon aus, das sich einige Dinge im Window-Managment tun werden: Die programmatischen Möglichkeiten dazu sind ja gegeben.

Shadow Kopies „Vorige Versionen“
Auch extrem praktisch: Vista führt Änderungen an Dateien mit. Man kann auf jede Datei (und jeden Ordner) draufklicken und eine „vorherige“ Version abrufen. Jede Änderung aus der Vergangenheit kann man damit rückgängig machen. „Shadow Kopies“ gab es schon beim 2003 Server – aber nicht so schön ins System integriert. Falsche Datei gelöscht oder geändert? Kein Problem, das kann man wieder herstellen. Das kostet zwar Plattenplatz – aber der ist bekanntlich günstig.

Das Sync-Center
Mein Daten-Order („eine Dokumente“), der bei Vista auch einen Ordner für Videos, Downloads und anderes enthält, liegt auf einem Server im LAN. (Das geht übrigens ganz einfach: Man klickt mit der rechten Maustaste auf „Dokumente“, und kann die Position des Ordners dann aussuchen.). Nun ist es aber so, das ich – vor allem mit dem Laptop – auch hin und wieder keine Verbindung zum LAN habe. Das macht aber nichts: Das SyncCenter kümmert sich drum, das sich auf dem Laptop immer aktuelle Versionen der Server-Dateien befinden. Bin ich offline, kann ich diese Versionen bearbeiten. Geht der Laptop wieder ans Netz, dann werden die offline veränderten Daten mit denen auf dem Server synchronisiert – und danach auch mit dem Desktop: Überall befinden sich dann aktuellen Versionen. Angenehme Sache.

Der neue Explorer
Das ist wohl das Ding, bei dem man sich am meisten umgewöhnen muss. Hat man das getan, stellt er sich als durchaus viel praktischer heraus, als der alte. Das liegt in erster Linie an den „Favoriten“, die sich links oberhalb des Baumes mit dem Dateisystem befinden und die ungefähr so funktionieren, wie die bei Outlook 2003.

Wie schon eingangs erwähnt: Diese Liste ist sicher nicht vollständig – so habe ich zum Beispiel überhaupt nichts zu den Sicherheitsfeatures gesagt. Dann gibt es noch viele Dinge, die man nicht sieht: Es geht ja nicht nur ums Benutzerinterface. Eins ist sicher: Zu XP gehe ich nicht mehr zurück.