Lastweiterleitung: Ein Einführung


Thomas Wölfer
Thomas Wölfer

16. November 2015


Ich habe ja schon zuvor mehrfach auf die bald verfügbare Lastweiterleitung hingewiesen. Jetzt ist die Sache aber weit genug, damit ich den ersten Teil davon öffentlich für das nächste Update der Baustatik ankündigen kann: Das nächste Update der Baustatik (das im Rahmen der monatlichen Updates zum Anfang Dezember kommt) wird den ersten Teil der neuen Lastweiterleitung enthalten. Dieser Teil ermöglicht die automatische Weiterleitung zwischen Platten. Die Platten können dabei entweder als Faltwerk-Dokumente oder als Platten-Dokumente vorliegen.

In Zukunft folgende Möglichkeiten – zum Beispiel die Weiterleitung aus dem Dach in den Durchlaufträger – werden extrem ähnlich aussehen und wie von der Baustatik gewohnt nahezu identisch zu bedienen sein.

In Rest dieses Posts werde ich die neue Lastweiterleitung anhand eines kleinen Beispielsystems beschreiben. Das Beispiel besteht aus 3 Stockwerken: Im obersten Stock (DG) befinden sich 2 Platten, die in getrennten Dokumenten vorliegen. Darunter befindet sich das OG, das mit nur einem Dokument erfasst wurde und schließlich gibt es das Erdgeschoß, ebenfalls in einem einzelnen Dokument. (Die komplette Definition ist eher unrealistisch und von mir so erstellt wie sie ist, damit die Funktionsweise der Lastweiterleitung einfacher zu erklären ist.)

Es liegt also folgendes vor:

Aus DG-Links und DG-Rechts müssen also die Auflagerkräfte nach OG weitergeleitet werden, und von dort müssen die Auflagerreaktionen nach EG weitergeleitet werden.

Für die Lastweiterleitung gibt es ein neues Objekt mit dem Namen ‘Lastweiterleitung’. (Ich weiss, nicht besonders überraschend oder kreativ. Aber passend ). Das kann man wie alle anderen auch über das “Erzeugen” Menü erzeugen und danach definieren.

In den beiden DG-Dateien muss für die Weiterleitung gar nichts getan werden. Anders als bei der “alten” Weiterleitung, wird dort nicht erst irgendwas exportiert. Statt dessen geht man in das OG-Dokument und legt dort 2 Lastweiterleitung an. Die Lastweiterleitung hat die folgenden Eigenschaften:

Auf dem Reiter “Standard” wählt man zunächst das Dokument aus, aus dem importiert werden soll. Dazu gibt es im linken Bereich einen Baum, in dem alle Dokumente angeboten werden, aus denen importiert werden kann. Im Falle der Platte sind das alle anderen Platten im Projekt.

Das ausgewählte Dokument wird in einer etwas vereinfachten Form graphisch dargestellt. Neben dieser Darstellung befinden sich Kontrollelemente, mit denen der Export gesteuert werden kann. Zunächst kann ausgewählt werden, ob die Ergebnisse von Lastfälle oder Lastfallgruppen exportiert werden sollen. Darunter können die Lager ausgewählt werden, deren Lagerkräfte aus dem ausgewählten Dokument exportiert und ins aktuelle importiert werden sollen. Zum besseren Verständnis werden die ausgewählten Lager in der Graphik farblich markiert. (Das ist die grüne Markierung, die man im Bild sieht.)

Im unteren Bereich legt man fest, welche Lastfälle importiert werden sollen (man muss also nicht alle importieren). Für jeden zu importierenden Lastfall muss ein Ziel-Lastfall im aktuellen Dokument angegeben werden. (Man kann das auf dem Bild nicht sehen, aber nachdem es i.A. deutlich mehr als 2 Lastfälle gibt, sind alle Teile des Fensters in der Größe veränderbar und die Liste der Lastfälle kann zusätzlich gescrollt werden.)

Auf dem 2. Reiter kann man noch weitere Parameter für den Import festlegen:

Zum einen ist es möglich die Lastrichtungen auszuwählen, die importiert werden sollen. (Im Fall von Platten werden das eigentlich immer die Z-Kräfte sein.). Für die Streckenlager kann noch angegeben werden, ob diese im Rahmen des Imports als Gleichlasten importiert werden sollen. Ist das nicht der Fall, werden Ersatztrapezlasten verwendet.

Schließlich kann man noch eine Translation und eine Rotation an den Import-Vorgang hängen: Das ist für Fälle gedacht, bei denen die Stockwerke aus welchen Gründen auch immer nicht in der gleichen Lage und Position definiert wurden.

Das OG bekommt also 2 Lastweiterleitungen: Eine für DG-Links und eine zweite für DG-Rechts.

Das EG erhält nur eine Lastweiterleitung, und zwar ein, die den Import aus dem OG definiert.

Damit ist die Sache eigentlich vollständig definiert. Zur besseren Übersicht gibt es aber auch noch ein zusätzliches neues Fenster, das über das “Fenster” Menü sichtbar gemacht werden kann: die Weiterleitungs-Ansicht.

Die Weiterleitungs-Ansicht enthält den kompletten Zusammenhang der Weiterleitungsdefinitionen für das gerade aktuelle Dokument. Im Fall des EGs sieht das zunächst so aus:

Man kann in dieser Ansicht mehrere Dinge erkennen:

“EG” ist abhängig von “OG” und “OG” ist abhängig von “DG Links” und “DG Rechts”. Zwischen den Dokumenten befinden sich zusätzliche Symbole: Diese stellen den aktuellen Zustand der Verbindung zwischen dem importierenden und dem exportierenden Dokument dar. Hier im Bild ist es eine unterbrochene Kette – die Verbindung ist also gestört.

Man sieht auch den Grund für die Störung: DG Links und Rechts haben jeweils noch ein Warnungs-Ausrufungszeichen. Grund für die Warnung: Die Lastweiterleitung wurde zwar definiert, aber bisher wurden noch nie irgendwelche Lasten auch tatsächlich weitergeleitet.

Wenn man in das OG Dokument wechselt, wird das Problem vom Programm auch sofort deutlicher beschrieben:

Die Lastweiterleitungs-Objekte sind mit dem Fehler-Symbol markiert und beim Aufruf des Konsistenz-Test werden auch entsprechende Meldungen in der Meldungs-Ansicht ausgegeben: Die Lastweiterleitungen müssen aktualisiert werden. Diese Aktualisierung kann auf drei Arten durchgeführt werden:

1.) Über einen Schaltknopf in der Weiterleitungs-Ansicht:

2.) Über den “Aktualisieren” Button der Fehlermeldung in der Meldungs-Ansicht
3.) Über ein Kommando das Teil des Objektmenüs für Weiterleitungs-Elemente ist.

Beim aktualisieren werden immer alle Dokumente ab dem aktuellen aktualisiert – und dafür bei Bedarf auch neu berechnet. Aktualisiert man also das Erdgeschoss, werden alle darüber liegenden Stockwerke ebenfalls aktualisiert und bei Bedarf neu berechnet. Aktualisiert man hingegen nur das OG, bleibt das EG auf dem alten Stand.

Nach der Aktualisierung bietet die Weiterleitungs-Ansicht ein neues Bild:

Alle Dokument sind “In Ordnung und aktuelle” (darum das grüne Symbol) und alle Verbindungen sind ebenfalls in Ordnung (darum die geschlossene Kette).

Im Rahmen des aktualisierens ist folgendes passiert:

  1. Das Dokument “DG links” wurde geladen und berechnet.
  2. Das Dokument “DG Rechts” wurde geladen und berechnet.
  3. Das Dokument OG wurde geladen.
  4. Die Auflagerkräfte aus DG Links wurden wie im Import definiert als Einwirkungen in OG aufgebracht.
  5. Die Auflagerkräfte aus DG Rechts wurden als Einwirkungen in OG aufgebracht.
  6. Das Dokument OG wurde berechnet und seine Auflagerkräfte wurden als Einwirkungen in EG aufgebracht.

Die durch die Weiterleitung aufgebrachten Lasten befinden sich wie ganz normale Einwirkungen im zugehörigen Lastfall-Ordner der Dokumenten-Ansicht. Diese Einwirkungen sind aber leicht zu erkennen: Zum einen sind sie mit dem “Import” Symbol markiert – dem kleinen blauen Pfeil, der zusätzlich zum normalen Einwirkungssymbol angezeigt wird. Zum anderen haben diese Einwirkungen auch noch alle eine Referenz auf die Lastweiterleitung, die ebenfalls dargestellt wird:

Die Eigenschaften von weitergeleiteten Einwirkungen werden speziell behandelt: In der Eigenschaften-Ansicht kann man erkennen, das diese Einwirkungen einen eigenen Parameter-Bereich haben, den normale Einwirkungen nicht aufweisen:

Öffnet man das Eigenschaften-Fenster, so erkennt man, das die meisten Eigenschaften von importierten Einwirkungen nicht bearbeitet werden können:

Die Einwirkungen liegen also als ganz normale Lasten vor, die in allen relevanten Fällen (Überlagerung, Lastfallgruppen, etc.) genau wie normale Einwirkungen verwendet werden. Für die Berechnung verhalten sich weitergeleitete Einwirkungen genau so, als wären sie von Hand eingegeben worden.

Lastweiterleitung: Was bei Änderungen passiert

Soweit die Weiterleitung an sich: Das Dokument “EG” wird also nun mit den Lasten aus OG und DG berechnet. Was ist aber nun zu tun, wenn sich an OG oder DG etwas ändert? Gut das Sie fragen – ich spiele das hier kurz mal durch.

Zunächst gehe ich ins DG-Rechts und führe dort eine Änderung durch – fürs Beispiel verändere ich einfach die Dicke der Platte. Danach geht es zurück ins EG-Dokument. Sobald das wieder das aktive ist, bekommt man folgende Darstellung in der Weiterleitungs-Ansicht:

Die Baustatik bemängelt also das “DG-Rechts” Dokument und dessen Verbindung zum davon abhängigen “OG”. Mit Hilfe der Weiterleitungs-Ansicht kann man also sofort erkennen, wenn ein Teil der zusammen hängenden Dokumente aktualisiert werden müssen. Und das ist auch alles, was zu tun ist: Man muss auf den “Aktualisieren” Button drücken, und danach sind wieder alle Zustände in Ordnung.

Im EG und um OG-Dokument wurden alle importieren Einwirkungen vom vorigen Durchlauf entfernt, und durch neue aktuelle ersetzt. Ein manueller Arbeitsschritt ist dafür nicht notwendig.

Lastweiterleitung: Was bei Fehlern passiert

Natürlich gibt es auch mal Eingabefehler. Einmal angenommen, so einer hätte sich bei “DG Rechts” eingeschlichen – das simuliere ich hier einfach, indem ich aus dem Faltwerkselement das Material entferne. Das ist also ein ganz normaler Fehler, einer, auf den beim normalen Arbeiten mit einer Fehlermeldung in der Meldungs-Ansicht reagiert würde.

Es wird also zunächst der Fehler im DG-Dokument eingefügt, und dann wieder zurück ins EG-Dokument gewechselt. Das Weiterleitungs-Ansicht zeigt dann folgendes Bild:

Das kennt man nun schon: Das bedeutet im Wesentlichen, das sich irgendwas verändert hat, und eine Aktualisierung notwendig ist. Man muss also auf “aktualisieren” drücken, und das produziert dann folgendes Bild:

Die Meldungs-Ansicht zeigt die Fehlermeldung an, und die Weiterleitungs-Ansicht visualisiert, das die Weiterleitung nicht durchgeführt werden konnte. Wie von der Meldungs-Ansicht gewohnt, kann man dort einfach auf die Meldung klicken, um zum fehlerhaften Objekt zu gelangen und dieses zu korrigieren. (Wenn das zugehörige Dokument noch nicht geladen ist, wird es dabei automatisch geladen.)

Sonstige Anmerkungen

Es gibt noch eine weitere Stelle, bei der sich die Einführung der neuen Lastweiterleitung im Benutzerinterface auswirkt: Das Fenster, mit dem ein Projekt geschlossen ausgedruckt werden kann.

Hier ist eine Option hinzugekommen, mit der die Aktualisierung der Lastweiterleitung vor dem geschlossenen Ausdruck automatisch durchgeführt werden kann: